Ganze
zwei Wochen dauerte die Vorfreude und Spannung. Am 28.06.2011
war es dann endlich so weit: Die F-Junioren des VfB Hohenleipisch
1912 fuhren zur Frauen-Fußball-WM nach Dresden.
Bereits 20 Minuten vor der vereinbarten Treffpunktzeit
war der Sammelpunkt in der Dorfmitte gut gefüllt.
Es waren viele aufgeregte und erwartungsfrohe Kinderaugen
zu sehen, aber auch die dazugehörigen Eltern und
Großeltern konnten eine gewisse Anspannung nicht
verbergen.
Das Wetter war zudem bereit, seinen Beitrag zu einem tollen
Tag zu leisten und die Sonne schien mit der gleichen Intensität,
wie das Leuchten der Kinderaugen.
Als der große Reisebus der Firma Wolbart aus Prösen
vorfuhr, stürmten die Kids diesen sofort. Sehr schnell
war klar, dass der gutgelaunte und freundliche Busfahrer
wunderbar zu der fröhlichen Truppe passte. Nachdem
in Döllingen und Plessa die letzten Mitfahrer eingesammelt
waren, ging die Fahrt nach Dresden endlich los.
Im Bus gab es dann die letzten organisatorischen Hinweise,
da der straffe Zeitplan der FIFA sich in den Tagen vor
dem Spiel ständig änderte. Jetzt war doch auch
neben der Vorfreude ein gewisser Respekt zu hören.
Die Vorstellung, in ein volles Fußballstadion mit
Liveübertragung im Fernsehen einzulaufen, war einfach
nur schwer zu greifen. Schnell waren noch die Tickets
an die zahlreichen Eltern und Großeltern verteilt
und bei so mancher Mutti war auch ein Hauch von Sorge
zu spüren. Würden doch die Kinder für acht
Stunden allein im Stadion sein, die Anwesenheit der drei
Betreuer vom VfB beruhigte dann doch etwas. Gegen Mittag
war das Stadion in Dresden erreicht und die Sonne trieb
mit ihrer Kraft die Temperaturen bereits über 30
Grad. In kürzester Zeit war der Haupteingang des
Stadions von unserer Truppe besetzt und die leuchtend
roten VfB-Shirts wirbelten die Treppen hoch und runter.
Nach einigen Schwierigkeiten konnte auch unser Busfahrer
von einer erfolgreichen Parkplatzsuche in Stadionnähe
berichten.
Vor dem Stadion wurden wir dann von unserem netten Betreuer
vor Ort in Empfang genommen und endlich öffnete sich
eine Tür, die ansonsten nur für wenige zugänglich
ist. Die 18 Kinder stürmten die zugewiesene Umkleidekabine
und waren jetzt ein Teil der Weltmeisterschaft. In der
Kabine bekam jedes Kind eine Sporttasche und zahlreiche
Spiele sollten helfen, die Zeit zu überbrücken.
Bei aller Euphorie wurde schnell klar, auch das Warten
gehört zum Geschäft eines Eskortenkindes.
Es war hier schön zu sehen, wie kreativ sich Kinder
ohne Fernsehen und elektronisches Spielzeug beschäftigen
können.
In den Katakomben des Stadions, die Dank der Akkreditierungskarte
für uns frei zugänglich waren, lag eine hektische
Betriebsamkeit. Alle Verantwortlichen wollten der Welt
einen perfekten Rahmen zum Spiel der Mannschaften der
USA und Nordkorea zeigen.
Nach einer Stunde folgte die große Probe der Eröffnungszeremonie
in einem leeren Stadion. Das Gefühl, durch den Spielertunnel
das Stadion zu betreten und auf den Rasen zu laufen, ist
nur mit „beeindruckend“ zu beschreiben.
Immer wieder wurde in brütender Hitze der Ablauf
samt Fernsehkameras, eingespielter Nationalhymnen und
Stadionsprecher geprobt. Entsprechend groß war die
Erlösung, als die verantwortliche Dame von der FIFA
nach über einer Stunde ihren Daumen nach oben streckte.
Die Probe wurde noch schnell genutzt, um eine tolles von
einer Spielermutti gestaltetes Unterstützungsbanner
im Stadion aufzuhängen.
Zum Abschluss wurde noch einmal kurz auf der Trainerbank
Platz genommen und schon ging es wieder in die kühle
Umkleidekabine. Hier warteten schon die fleißigen
Volontäre mit den gefüllten Essenstüten.
Ein ausgehungertes Wolfsrudel hätte wahrscheinlich
das Essen nicht schneller verschlingen können. Erstaunt
nahmen die Betreuer zur Kenntnis, dass der gesunde Inhalt
mit Vollkornbroten und Äpfeln das Essentempo nicht
verringern konnte.
Nun hieß es wieder der Haupttätigkeit eines
Eskortenkindes nachzukommen … warten, warten und
warten.
Der provisorisch in der Dusche aufgestellte Tischkicker
entwickelte sich jetzt zur Hauptattraktion und alle Plätze
dort waren belegt. Jedoch nur so lange, bis ein Kind mit
dem Rücken den Duschknopf auslöste und so für
„Starkregen“ über dem Tischkicker sorgte.
Nach kurzem Aufschrei ging es dann aber munter weiter.
Ein großes freudiges Raunen machte sich in der Kabine
breit, als das Maskottchen der WM „Karla Kick“
den Raum betrat. Sie war sofort umlagert, wurde gedrückt,
geküsst und auch noch gleich interviewt. Es war wohl
naiv zu glauben, dass die Kids bereit sind, sie wieder
einfach so gehen zu lassen. Den Betreuern viel es sichtlich
schwer, „Karla Kick“ ohne Schaden aus der
Kabine zu führen.
Man musste fast sogar fürchten, dass die Katze demnächst
ohne Schwanz als Maskottchen herhalten muss. Nicht auszudenken,
wie hoch der Schaden gewesen wäre, hätte man
jetzt an allen Merchandisingkatzen, die in großer
Zahl um das Stadion herum verkauft wurden, die Schwänze
entfernen müssen. Es gelang aber, „Karla Kick“
aus der Kabine zu befreien, so dass der Gedanke schnell
wieder verworfen werden konnte. Natürlich wurden
die Eltern, dem Handyzeitalter sei Dank, mit Kabinenfotos
versorgt.
Das nächste Highlight ließ nicht lange auf
sich warten und so folgte der schwierige Akt der Einkleidung.
Das Verhältnis von vier Betreuern, welche 23 aufgeregte
Kinder gleichzeitig mit Sachen versorgen sollen, lässt
die Schwere der Aufgabe erkennen. Das Ergebnis nach einer
halben Stunde konnte sich sehen lassen, plötzlich
stand eine einheitlich gekleidete Eskorte in der Kabine.
Die Kinder waren sichtlich stolz auf ihr neues Outfit
und genossen die Komplimente der Betreuer und Volontäre.
Dokumentiert wurde das ganze beim anschließenden
Fototermin vor dem WM-Logo.
Der Anstoß rückte nur langsam Näher und
die Frage „Wie lange dauerte es denn noch?“
erklang fast sekündlich immer wieder aus einer anderen
Ecke der Kabine. Dann endlich das Startsignal, jetzt hieß
es noch einmal Haare stylen und den wichtigen Toilettengang
zu erledigen. So manch einer stellte sich vor Aufregung
gar zwei oder dreimal an. Nach dem Schlachtruf der Mannschaft
„VfB - ole ole“ ging es zum Spielerinnentunnel.
Die Betreuer blieben zurück und konnten jetzt nur
noch die Daumen drücken.
Es fällt tatsächlich schwer, jetzt die Gefühle
zu beschreiben, die sich breit machten, als die Kinder
auf der großen Stadionleinwand zu sehen waren. Es
ist wohl verständlich, dass so manche Mutti in diesem
einmaligen Moment feuchte Augen bekam.
Die Einlaufzeremonie begann und unter dem ohrenbetäubenden
Jubel der über 20.000 Zuschauer marschierten die
Kinder mit einer Spielerin an der Hand ins Stadion ein.
Jeder Fernsehzuschauer hatte jetzt eine besserte Sicht
als der Berichterstatter und so bleibt festzuhalten, dass
alles ohne nennenswerte Panne klappte.
Mit stolzgeschwellter Brust unter dem Applaus der Betreuer
und Volontäre nahmen die Kids wieder die Kabine ein.
Hätte man jetzt nach dem Berufswunsch gefragt, wäre
wohl der Profifußballer weit vorne gewesen. Bei
manchem Talent in der Mannschaft vielleicht auch gar nicht
so illusorisch, wenn weiter fleißig trainiert wird.
Jetzt ging es durch alle Sperren auf die vorgesehenen
Plätze im Stadion, immer wieder vom Beifall und der
Anerkennung der Zuschauer ob der gelungenen Einlaufzeremonie
begleitet.
Die Stimmung im Stadion war ausgelassen und im Vergleich
zu jedem Männerspiel wohltuend fair.
Alle gelungenen Aktionen wurden beklatscht und beide Mannschaften
lautstark angefeuert. Bald schwappte die La-Ola-Welle
durchs Stadion und die Kinder liefen wieder zur Höchstform
auf und machten begeistert mit. Das Spiel endete 2:0 für
die USA, wobei dies für die Kinder wohl nur eine
untergeordnete Rolle spielte.
Viel wichtiger war jetzt die Information, dass sie die
bereitgestellten Sachen komplett behalten dürfen
und so wird man wohl demnächst oft in Hohenleipisch
immer mal wieder ein Eskortenkind sehen.
Zurück in der Kabine wurde alles in der neuen Tasche
verstaut und wieder wurden die Kinder überrascht.
„Karla Kick“ wartete auf jedes Kind, als Plüschversion
versteckt in der Tasche. Das war eine Freude. Schnell
wurde sie ausgepackt und in den Arm genommen. Nun fieberten
alle voller Sehnsucht dem Elternempfang entgegen.
Diese hatten sich bereits am Ausgang positioniert und
empfingen die Kinder mit einem so lauten Jubel, dass mancher
Passant meinte, es wäre noch ein Tor gefallen. Eine
grandiose Unterstützung, nicht nur in diesem Moment.
Im Bus angekommen erinnerten sich plötzlich alle
Kinder an den Sponsor der Einlaufeskorte und es gab noch
einen Riesenwunsch, nämlich diesen sofort zu besuchen.
Der Busfahrer war schnell überzeugt und so hieß
die erste Abfahrt von der Autobahn „Mc Donalds Thiendorf“.
Die Mitarbeiter konnten einem aufgrund der hungrigen Invasion
unserer Meute nur leidtun. Nach einer dreiviertel Stunde
folgte dann die letzte Etappe der Reise. Es fiel auch
dann kein Auge zu und kein Mund stand still, immer wieder
wurden die unzähligen Erlebnisse beschrieben und
ausgetauscht.
Man kann sagen, ein Bus voller zufriedener und glücklicher
Gesichter. Gegen 22:30 Uhr dann die späte Ankunft
in Hohenleipisch. Zum Glück stand am nächsten
Schultag „nur“ noch die Zeugnisausgabe auf
dem Stundenplan.
Es
bleibt an dieser Stelle letztendlich allen Dank zu sagen,
die den Kindern das unvergessliche Erlebnis ermöglicht
haben:
- der SPORTS AND MEDIA GmbH für die organisatorische
Betreuung
- Mc Donalds für die Ausrüstung der Kinder und
- Wolbart Reisen aus Prösen.
Ein
besonderer Dank geht an den Brandenburgischen Fußballverband
und unseren Verein, den VfB Hohenleipisch 1912, ohne
deren Unterstützung dieser Tag nicht möglich
gewesen wäre. Bilder: G. Schrey und W. Beilich
Bericht: Göran Schrey